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Für die Erlangung von Befähigungsausweisen zur Führung von Segel- oder Motorjachten auf See gelten seit 8.05.2020 folgende Rechtsnormen:

Seeschifffahrtsgesetz (SeeSchFG)

SeeSchifffahrtverordnung (SeeSchFVO)

JachtVerordnung (JachtVO)

Die JachtVO ersetzt die Jachtzulassungsverordnung (JachtZulVO) und die Jachtführung-Prüfungsordnung (JachtPrO)

Voraussetzungen

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Befähigungsausweises im Überblick:

Die Angaben in der Tabelle gelten für Segeljachten (S) bzw. Motorjachten (M). Die vollständige Darstellung findest Du in den veröffentlichten Rechtsnormen, oder im Folgenden.

Allgemeine Voraussetzungen

Bewerberinnen für ein Internationales Zertifikat (International Certificate, iC) für die Führung von Jachten müssen zum Zeitpunkt der Ablegung der Prüfung

  1. das 18. Lebensjahr, für ein iC für den FB1 das 16. Lebensjahr, vollendet haben;
    Bewerberinnen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bedürfen der schriftlichen Zustimmung des gesetzlichen Vertreters.
  2. geistig und körperlich zur Führung einer Jacht geeignet sein;
    nachzuweisen z.B. durch Vorlage eines gültigen Führerscheines.
  3. ein ärztliches Zeugnis mit Nachweis des Farbunterscheidungsvermögens, sofern der Führerschein nicht vor dem 1.11.1997 ausgestellt wurde, vorlegen;
    Den “Ishihara-Test” bekommt man bei jedem Augenarzt, oder bei der Ordination Dr. Pongratz (www.internist19.at).
  4. den Nachweis über einen absolvierten Erste Hilfe Kurs im Ausmaß von 16 Stunden vorlegen;
  5. die erforderlichen nautischen und technischen Kenntnisse (seemännische Praxis) und Seefahrterfahrung zur Führung einer Jacht nachweisen.
  6. ihren Wohnsitz im Bundesgebiet der Republik Österreich haben.

In der Praxis sind die Punkte 2 bis 4 bei den meisten Prüfungsorganisationen erst beim Antrag auf Ausstellung des Befähigungsausweises und nicht schon beim Antrag auf Zulassung zur praktischen Prüfung vorzulegen.

Seemännische Erfahrung

Die seemännische Erfahrung ist

  • bei Antritt zur praktischen Prüfung (FB2, FB4), oder
  • mit dem Antrag zur Ausstellung des BFA (FB3 Erweiterung)

nachzuweisen. Der Nachweis über die seemännische Praxis ist durch ein Logbuch, eine von der Schiffsführerin bzw. dem Schiffsführer unterfertigte auszugsweise Abschrift des Logbuchs oder eine von der Schiffsführerin bzw. vom Schiffsführer unterfertigte Seemeilenbestätigung mit dem Mindestinhalt nach dem Muster gemäß Anlage 9 zu führen.

Im Folgenden werden Voraussetzungen für Motorjachten mit (M) und Segeljachten mit (S) bezeichnet.

Fahrtbereich 1

  1. 50 sm
  2. 1 Nachtfahrt mit einer Nachtansteuerung

Fahrtbereich 2

  1. 300 sm (M) bzw. 500 sm (S)
  2. 3 Nachtfahrten mit je einer Nachtansteuerung

Fahrtbereich 3

  1. 1000 sm (M) bzw. 1500 sm (S), davon min. 250 sm (M) bzw. 500 sm (S) als Schiffsführer
  2. 5 Nachtfahrten mit je einer Nachtansteuerung

Fahrtbereich 4

  1. 2500 sm (M) bzw. 3500 sm (S), davon min. 750 sm (M) bzw. 1000 sm (S) als Schiffsführer
  2. 5 Nachtfahrten mit je einer Nachtansteuerung,

Begriffsbestimmungen

Lizenzen: Mit der JachtVO 2020 können folgende Lizenzen für die Fahrtbereiche erworben werden:

  • Motorantrieb
  • Motor- und Segelantrieb

Überfahrt: eine Fahrt in annähernd gerader Linie zwischen zwei Häfen, bei denen die gerade Verbindung eine Strecke von mindestens 20 Seemeilen außerhalb des Fahrtbereichs 2 beinhaltet;

Nachtansteuerung: eine Fahrt oder ein Teil einer Fahrt, bei der ein Liegeplatz mehr als zwei Stunden nach Sonnenuntergang, jedoch nicht später als zwei Stunden vor Sonnenaufgang erreicht wird;

Nachtfahrt: Fahrt zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang mit einer Dauer von mindestens drei Stunden;

Gezeitenrevier: ein Küstengebiet, in dem der Tidenhub bei Nippzeit mindestens zwei Meter beträgt.

Logbuch: Als logbuchähnliche Aufzeichnungen gelten Aufzeichnungen mit folgenden Mindestinhalten:

  • die für die Fahrt maßgeblichen meteorologischen und navigatorischen Angaben (z. B. Kurse, Positionen, zurückgelegte Strecken, Wetterbeobachtungen einschließlich Windrichtung und -stärke, Gezeiten);
  • zusammenfassende Angaben über die Fahrt, insbesondere den Zeitpunkt der Abfahrt und der Ankunft sowie Fahrtunterbrechungen und umfangreichere Manöver (Wechsel der Antriebsart, Segelwechsel);
  • Angaben über die Crew und deren Aufgaben;
  • gegebenenfalls Angaben über Unfälle bzw. Havarien unter genauer Beschreibung des Hergangs und aller Einzelheiten;
  • Angaben über sonstige wichtige Ereignisse und Maßnahmen.

Jacht: ein Fahrzeug mit einer Länge bis zu 24 m und einer Bruttoraumzahl von weniger als 300, das für Sport- oder Vergnügungszwecke bestimmt ist.

Motorjacht: ein Fahrzeug, das seinen Antrieb vornehmlich durch einen Motor erhält, unabhängig davon, ob auch eine Stützbesegelung vorhanden ist.

Segeljacht: ein Fahrzeug, das seinen Antrieb vornehmlich durch Wind erhält, auch wenn ein Motor eingebaut oder angehängt ist. Darunter fallen auch die sogenannten Motorsegler.

Ablauf der Prüfungen

Österreichische Befähigungsausweise (BFAs) werden von Prüfungsorganisationen bzw. Vereinen und Verbänden erteilt. Ausschließlich auf Grund von BFAs, die von vom BMVIT akkreditierten Prüfungsorganisation erteilt wurden, kannst Du auch ein „IC“ (International Certificate) erhalten.

Im Folgenden werden die gesetzlichen Anforderungen an den Ablauf solcher Prüfungen dargestellt. Informationen zur Anmeldung zu Prüfungen findest Du hier.

Theoretische Prüfung

Die Anforderungen an die theoretische Prüfung sind im Einzelnen in der Anlage 10 zur JachtVO geregelt. Die “Highlights” auszugsweise:

  1. Die Prüfung muss jedenfalls aus einer Kartenarbeit, für FB 2 bis FB 4 einschließlich Stromeinfluß (“Gezeitenarbeit”), und einem Fragenkatalog bestehen.
  2. Die Kartenarbeit muss die im Lernzielkatalog Theorie Kartenarbeit unter dem jeweiligen Fahrtbereich genannten Aufgaben umfassen.
  3. Die Kartenarbeit ist bestanden, wenn mindestens 75 % der Aufgaben richtig gelöst sind. Sie ist jedenfalls nicht bestanden, wenn aus dem in der Karte eingezeichneten Ergebnis erhebliche Gefahren für die Jacht ableitbar sind.
  4. Der Fragenkatalog muss die im Lernzielkatalog Theorie Allgemein unter dem jeweiligen Fahrtbereich genannten Aufgaben umfassen, und zwar
    für den FB1 40 (M) / 50 (S) Fragen
    für den FB2 60 (M) / 74 (S) Fragen
    für den FB3 30 Fragen
    für den FB4 30 Fragen
  5. Der Fragenkatalog ist bestanden, wenn aus jedem Sachgebiet min. 50 %, und insgesamt min. 75 % der Fragen richtig gelöst sind.
  6. Für den FB4 ist zusätzlich eine Törnplanung für eine Langfahrt über min. 1000 sm auszuarbeiten. Die Aufgabenstellung wird dem Kandidaten spätestens eine Woche vor der Prüfung übermittelt. Die Ausarbeitung ist bei Prüfungsbeginn vorzulegen und einem Prüfer mündlich zu erläutern.
  7. Die Prüfung ist bestanden, wenn alle Prüfungsteile bestanden sind.
  8. Die Verwendung von programmierbaren Rechnern, Smartphones, Laptops oder ähnlichen Hilfsmitteln ist unzulässig, sofern sie nicht von der Prüfungsorganisation beigestellt werden.
  9. Die Wiederholung eines nicht bestandenen Prüfungsteils ist zulässig.
  10. Die theoretische Prüfung muss innerhalb von sechs Monaten zur Gänze als bestanden beurteilt sein.
  11. Bis 10 Bewerberinnen sind von min. 2 Prüferinnen zu beaufsichtigen, je weitere 10 Bewerberinnen ist 1 weiterer Prüferin zu stellen.
  12. Auf Antrag kann die Prüfung um das Sachgebiet “Fachkenntnisse im Umgang mit pyrotechnischen Seenot-Signalmitteln” (Pyrotechnik) erweitert werden.

Praktische Prüfung

Innerhalb von 3 Jahren ab erfolgreich absolvierter Theorieprüfung muss die praktische Prüfung abgelegt werden.

Die Anforderungen an die praktische Prüfung sind im Einzelnen in der Anlage 11 zur JachtVO geregelt. Die “Highlights” auszugsweise:

  1. Die praktische Prüfung ist auf einer Jacht abzuhalten, die nach Art, Größe und Ausrüstung für den entsprechenden Fahrtbereich geeignet ist. Die Eignung ist ggf. dem Seebrief oder dem entsprechenden Zulassungsdokument zu entnehmen. Zusammengefasst: Die praktische Prüfung für den FB2 darf nur auf einer für den FB2 zugelassenen Segel- oder Motor-Jacht erfolgen.
  2. Bei der praktischen Prüfung sind die Umsetzung der theoretischen Kenntnisse in die Praxis sowie die Fähigkeiten der Bewerberinnen hinsichtlich Schiffsführung (insbesondere Creweinteilung und -anleitung, Kommunikation, Übersicht, Vermeidung von Gefahren, Logbuchführung), allgemeiner Seemannschaft (insbesondere Bedienung von Ruder und Motor, Umsetzung der Ausweich- und Fahrregeln), Navigation (insbesondere Verwendung von Navigationsunterlagen wie Seekarte und Handbücher), Hafenmanöver und Verhalten in Notfällen (insbesondere Person-über-Bord-Manöver) bei Tag und bei Nacht zu beurteilen. Die gesamte Prüfungsfahrt ist von den Bewerberinnen abwechselnd mittels Logbuchs oder logbuchähnlicher Aufzeichnungen zu dokumentieren. Prüferinnen haben das entsprechende Prüfungsprotokoll gemäß dieser Anlage zu führen.
  3. Die Bewerberinnen müssen die Lernziele des Prüfungsprotokolls für den entsprechenden FB beherrschen. Darüber hinaus muss die Prüfungsfahrt je BewerberIn folgenden Kriterien entsprechen:
    1. FB2 und 3:
      * Dauer mindestens 3 Stunden max. 5 Stunden pro Kandidat
      * mindestens eine Nachtansteuerung
    2. FB4:
      * mindestens 200 sm
      * Dauer min. 3 Tage
  4. Die Lernziele sind im Prüfungsprotokoll mit “bestanden” oder “nicht bestanden” zu bewerten. Die Prüfung ist bestanden, wenn alle Pflichtaufgaben bestanden, und die am Prüfungsprotokoll angeführte Mindestanzahl der “Kür”-Aufgaben bestanden ist.
  5. Bei Erweiterung des Berechtigungsumfanges von FB2 auf FB3 entfällt die praktische Prüfung.
  6. Die praktische Prüfung für den FB1 kann auf einem Binnengewässer durchgeführt werden.
  7. Bei Inhabern eines amtlichen österreichischen BFA für Binnengewässer, oder eines Schifferpatentes für den Bodensee Kategorie A kann von der praktischen Prüfung für den FB1 für Motorantrieb, bei Inhabern eines Schifferpatentes für den Bodensee Kategorie D kann von der praktischen Prüfung für den FB1 für Segelantrieb abgesehen werden.

Besondere Anforderung

Jede akkreditierte Prüfungsorganisation ist berechtigt, über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinaus spezifische Anforderungen zu definieren. Diese sind in der jeweiligen Prüfungsordnung gesondert auszuweisen.